Samstag, 28. Februar 2015

Ist das Liebe?

Schwieberdingen wacht auf...
Vereinzelt stehen die Sterne am Himmel. Noch ist es dunkel, jedoch mit jeder Minute wird es heller am Firmament. Ein frühlingshafter Duft liegt in der Luft. Es wird ein schöner Tag. Ich freue mich auf eine Tasse Tee und die Zeitung. Der Briefkasten ist leer. Bislang war der Zeitungsausträger pünktlich. Bei Schnee und Eis verspätete sie sich schon manchmal. Heute werde ich auf die Nachrichten, das Horoskop und den Cartoon verzichten müssen. Was den Austräger wohl animiert, an einem so schönen Morgen die Arbeit zu verweigern? Ich blicke auf den aufklarenden Horizont, der stückchenweise blaue Streifen und einen feuerroten Ball wie das Rot einer aufgeschnittenen Melone in den Himmel schiebt. Allein der Gedanke an die süße Frucht, lässt Erinnerungen aus dem Urlaub erwachen. Zu gern würde ich mal wieder richtig Urlaub genießen. Ein Gefühl der tiefen Verbundenheit mit dem Glanz des erwachenden Sterns mit dem wärmenden Einsatz erfüllt mich mit Erfurcht. Wieviel Tausend Jahre gibt es die Sonne schon? Der Frühstückstisch lockt mich in die Wohnung, denn die Sonne interessiert sich nicht für mich.
Ein Klick im Internet erlaube ich mir, während das Teewasser seine Zeit braucht, bis es heiß ist. Den kurzen Moment am Morgen will ich mir einen Überblick von meinem Umfeld erhaschen. Politik ist interessant, doch etwas mulmig ist mir schon bei den Schauplätzen der Auseinandersetzungen, Krieg und Nervenkitzel. Über allem schwebt der Journalist und gibt eine ungeschönte Weltsicht wieder. Im Moment bin ich entrüstet. Warum fehlt mir dieses „Wurstblättchen“? Bin ich gar zeitungshörig. Oder nur Buchstaben versessen? Zu Hause laß mein Vater die Zeitung zuerst. Ich durfte sie nicht vorher einsehen, das gab Ärger. Mein Vater vesperte neben seinem schwarzen Kaffee ein mit Leberwurst belegtes Brötchen, als Willi Brand noch Bundeskanzler war. In jener Zeit erwachte meine Zuneigung zum Zeitungslesen. Ich fand es fantastisch alle Seiten zu überfliegen, danach mich dem Spannenden zu widmen und mit der Schere schnitt ich Wichtiges heraus. Mein Mann ließt ebenfalls, doch wir arrangieren uns mit dem vorderen und hinteren Teil. Er politisch affin, will gern über die Grenzverletzungen informiert werden. Die Lebensmittelangebote, Highlights vor Ort und Öffnungszeiten erleichtern meinen rotierenden Wochenablauf. Angebote verhelfen mir, meine Einkäufe wirtschaftlich zu planen. Moralisch verwerflich finde ich diese Vorgehensweise nicht, trotz der Anmerkung meiner Familie: „Wann essen wir das?“ Meine Zeitung holt mich ab, und weiß was mir fehlt. So viel Zuwendung ist doch hervorragend. Seiten Papier voll gedruckt mit überwiegend zusammengewürfelten Buchstaben löst plötzlich einen Verlust in mir aus. Ein tägliches Ritual fehlt. Schade, dass die fliegende Zeitung gerade im Entwicklungsprozess steht. Von autonomen Buchstaben habe ich noch nie etwas gehört. Wo der Austräger heute war? Hatte er Urlaub und die Vertretung hat mich vergessen? Bestimmt ist der Austräger krank. Eifersüchtig auf ihn bin ich, weil er Unmengen an Zeitungen hortet und ich habe nicht einmal eine Einzige! In Ordnung, dann lese ich eben erst heute Abend, überlege ich. Die Zuneigung zu meiner Tagesausgabe habe ich schon so lange. Was ist am Lesen so einzigartig? Im Grunde sitze ich beim Frühstück. Keiner stört mich. Ein paar Minuten Ruhe, ein inneres Sammeln bevor der Tag Aufgaben, Hektik und neue Wege aufzeichnet. Egoistische Minuten; ein Startrecht täglich sollte jeder bekommen.
Vor allem hege ich zu meiner Zeitung einen inneren Dialog. So als wisse der Redakteur genau was ich wissen will. Meine innere Batterie wird aufgeladen. Das Lesen meiner Tagespresse gibt mir einen Anker. Ich fühle mich glücklich, zufrieden mit einer Zeitung in der Hand. Ich mag diesen unbekannten Redakteur, der meine Neugier befriedigt. Ist das Liebe?

Ein schönes Wochenende 
herzlichst Lilli

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