Donnerstag, 29. Mai 2014

Nur für heute...

... einen Kaffee trinken. Mal wieder mit den ehemaligen Kollegen zusammensitzen und über die schöne Zeit reden. Nein, im Moment bin ich mal wieder auf Hochtouren. „Susi, wo ist das Handy?“, rufe ich. Derweil greife ich alle Taschen ab. Irgendwo wird das blöde Ding doch sein. Schön wäre jetzt ein Impulsgeber. Auf Pfeifgeräusche hört mein Handy leider nicht. Im Posteingangskasten ist nur Papier, wie erwartet. Zwischen den Matratzen, Fehlanzeige. Im Stillen vermute ich es in der unlängst eingefrorenen Gulaschsuppe. Vielleicht sollte ich den Tiefkühler ausschalten und nachsehen…
Eine Zeit ohne Handy kann ich mir nicht mehr vorstellen. Im Grunde brauche ich mir keine Sorgen machen, jetzt bin ich eben nicht erreichbar. Oder müsste man jetzt die Karte sperren? Wie konnte ich bisher ohne leben?
Normalerweise liegt das Handy auf der Kommode am Ladekabel. Doch an manchen Tagen gibt es nicht einmal eine Privatsphäre. Vielleicht sind wir ein wenig chaotisch, denn meine Tochter fängt auch an zu suchen: „Mama, ich finde mein Hausaufgabenbuch nicht, kannst du mir helfen?“ Wo das wohl stecken könnte? Vielleicht beim Handy und gehe auf die Toilette.
Als ich mich entspanne, höre ich den eben vermissten Ton. Wie hat das Kind jetzt mein Handy gefunden? Während meine Tochter sich meldet: „Meine Mama ist beschäftigt, sie kann jetzt nicht kommen, hat sie gesagt.“ Voller Sorge eilen meine Flehrufe; „Susi, ich komme gleich!“, folgt prompt. „Meine Mama sagt, sie ist soweit.“ Mit einem Grinsen im Gesicht wird mir das Handy auf die Toilette gereicht. Wie ein Zepter. Dieses Mal ist es kein Institut für Marketing. Ein potentieller Auftraggeber lädt zu einem Gespräch. Ich schwöre, künftig bleibt die Tür geschlossen. Unter der Rubrik: Kinder tun alles für Ihre Eltern, lege ich den Gedanken zurück auf eine  geeignetere Situation.
Doch dann entpuppt sich das Tisch decken spontan als neue Gelegenheit für Susi, die Teller so zu vertauschen, dass jeder einen neuen Sitzplatz erhält. Das morgendliche Sockensuchen erübrigt sich beim Aufschütteln der Bettdecke.
Einen Tag später  spielt das Handy wieder mit mir Verstecken. Das Handy muss viel mit mir ertragen und findet ständig neue Wege. Ich fühle mich wieder einmal wie ein Magier. Als ich gestern Abend nach Wochen nachhaltiger Debatte mein Auto aussauge, weil sich sonst keiner findet, traue ich meinen Augen kaum. Die vermisste Schere liegt im Handschuhfach. Tja, der letzte Arztbesuch dauerte ewig, was zu erwarten war, deshalb nahm ich die Basteltasche und die Schere mit. Welches Krankheitsbild war das nochmal? Ach, ja – Alzheimer. Ich kann nicht fassen, wie lange ich nach der Schere gesucht hatte. Einige Zopfspangen liegen in der Fahrerrückseite in der Taschenfalte. Wieso suche ich im Bad?
Die Ruhe empfinde ich als angenehm. Im Grunde bin ich glücklich, dass es eine Handypause gibt. Das Auto aussaugen ist zwar lästig und gehört überhaupt nicht zu meiner Lieblingsbeschäftigung. So eine schweißtreibende Angelegenheit, die nichts bringt, als ein Gefühl von Ordnung. Vielleicht sollte ich diese Arbeit an einen Autoliebhaber vergeben, der gerne Auto putzt? Zudem überlege ich mir, wie ich mich davor drücken könnte. Oder gar Finderlohn einführen im Gegenzug für die verlegten Sachen. Das brächte mehr Ruhe für mich. Weniger allem hinter her rennen. Fast bin ich fertig mit dem Saugen. Als ich beim Herausnehmen der Fußmatte das Handy finde, lasse ich es liegen – nur für heute. 

Ein schönes Wochenende und liebe Grüße
Lilli 

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