Der Einkaufszettel stellt eine riesige Herausforderung für mich dar. Bin ich etwa Handwerker? Schmirgelpapier 80, 120 und 180 soll ich mitbringen. Schrauben, Muttern, ein Sägeblatt und was weiß ich, was alles noch. Außerdem soll ich Lebensmittel einkaufen.
„Geh einfach und mach“, sagt mein Freund Toni zu mir. Das ist ein glatzköpfiger Macho. Ein unter der Gürtellinie denkender mit Affenstammbaum. Außer grapschen und motzen ist sein Tagesablauf fest fixiert. Fast süffisant ergänzt er seine Liste. Bring mir ein Bier mit. Kein Alkoholfreies! „Ich bezahle die Miete und du den Einkauf.“, so war das abgemacht, schiebt er noch nach.
Fast in Trance fällt mir die Jacke um die Schulter. „Mensch Karin, das ist kein Fresszettel. Das ist die Umsetzung unserer Vereinbarung. Während du ständig an deiner Unterhose zupfst, muss ich mir Gedanken machen, wie die Holzwand mit wenig Aufwand abgeschliffen wird. Worauf wartest du eigentlich noch. Kauf ein, damit ich fertig werde.“
Wortkarg fällt der Zettel auf einen Jutebeutel in meinen Korb. Für einen kurzen Moment schaue ich auf die blaue Tasche. Das Blau gibt mir einige Sekunden Ruhe, bevor ich ins Menschengewühl falle. Ich hasse Handwerker. Sie sind in ihren unrasierten Gesichtern mit der Bierflasche in der Hand meinem Freund zu ähnlich. In ihrem blauen Anton mutieren sie zu gelenkigen Zungenbrechern, die alles versprechen und nichts halten. Von wegen. Die hauswirtschaftliche Aufgaben bleiben alle an mir hängen. Demnächst werde ich mal die Socken statt waschen, sammeln und die Rasierutensilien könnte ich unter das Bett stellen. Überhaupt werde ich künftig einen neuen Wind entgegensetzen.
Der harsche Ton macht mir zu schaffen. Männer. Das ist auch ein Volk für sich, überlege ich und gehe in den Supermarkt. Die Gänge sind mit Menschen gefüllt. Ich nehme einen Korb. Die Schieberei ist mir zu viel. Außerdem kann ich so die Menschen von mir auf Abstand halten.
Auf einmal höre ich hinter mir: „Du Saftschubse, mach mal Platz.“ Die Stimme kommt mir bekannt vor. Der zwei Meter Baum grinst von einem zum anderen Ohr. Spontan sage ich: Ich bin vielleicht eine Kornblume, auf keinen Fall eine, die durch Gänge Saft voraus schaukelt. Dabei bemerke ich wie mein innerer Druck steigt. Die Ohren beginnen zu glühen.
„Wärst du doch, gebe es zu.“ Ich dreh mich mit meinem ganzen Körper um, stehe aufrecht, erhebe die Nase als könne ich den Himmel aufschließen. Schaue dem Kerl in die Augen. Die grün/braunen Augen funkeln und zwinkern mir zu.
Ist das üblich, wo du her kommst?, frage ich die Bohnenstange.
„Ja, wer so drängelt, muss damit rechnen.“
Weißt du, rechnen ist eine Laune der Natur, das können nur wenige, gebe ich zurück.
„Meinst du. Dein Einkaufskorb steht hier an der Kasse zum Parken. Willst du Gebühren eintreiben? Bestimmt bist du beim Ballermann diejenige, die morgens mit den Hühnern aufsteht, um das Handtuch auf den nächstliegenden Liegestuhl am Pool auszulegen.“
Mir schießt die Schamesröte ins Gesicht. Aber mehr für den geparkten Korb als für das positionierte Handtuch. Tatsächlich belegte ich meinen Liegestuhl. Damals ohne Freund und voller Leben auf die schönsten Tage – meinen Urlaub. In der Disco rockte ich bis in den Morgen. Natürlich gab es dort tolle Jungs. Mit dem Leben auf der Überholspur hätte ich mir nie einfallen lassen, mich auf so einen Typen wie Toni einzulassen.
Irgendwie finden mich die Handwerker. Heute ist die Anmache wie das Auslegen von einem Parkettboden. Pi mal Daumen werden die Maße aufgenommen. Die Holzbretter in eine Ecke gepfeffert. Und mit lautem Geschrei über die schlechte Bodenbeschaffenheit beschwert.
Die Nähe zu dem Spargel ist mir unangenehm. Er sieht aus wie eine Bohnenstange und erinnert mich an eine Säulenhainbuche. Weil so ein Baum wenig Schatten bringt, kein ordentliches Holz hat und überhaupt mehr zur Zierde dasteht, gebe ich ihm eine Visitenkarte einer Freundin. Sie ist spezialisiert für solche Jungs. Was soll ich mit so einem anfangen?
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