Dienstag, 1. April 2025

Dorfkind auf Abwegen – wenn Lärm zur Lüge wird

Auf der kleinen Tafel neben Isolde steht es schwarz auf weiß: "Ich bin stolz, ein Dorfkind zu sein."

Das kleine Urlaubsmitbringsel hat es ihr sofort angetan. Die Stadt ist nichts für sie. Ein Haufen Häuser mit Autokolonnen jeden Tag. Stauparty schon vor dem Frühstück bringt alles andere als eine gelassene Stimmung. Wie war das in jungen Jahren? Sie reflektiert immer häufiger. Als die Kühe noch nicht lila in der Fernsehwerbung ausgestrahlt wurden. Immerhin weiß sie, gelber Schnee ist kein Zitroneneis. Und der Weihnachtsbaum musste früher nicht gekauft werden. Mit dem Nachbarn in den Wald und – wupp – gab es den schönsten Baum. Einzig das Lametta wurde gekauft. Die Sterne noch selbst gebastelt.

Und im Sommer durfte sie hin und wieder mit auf den Traktor über die Felder fahren. Eigentlich müsste diese Zeit gar nicht vorbei sein. Zwar werden die Landwirte immer weniger, und die Traktoren stehen seltener vor dem Haus. Aber das macht den Charme eines kleinen Dorfes aus. Jeder kennt jeden. Die Landfrauen backen zur Kirbe Kuchen. Gestrickte Socken gehören noch zur Allgemeinbildung. Wer kann heute noch stricken? Die Hunde in der Stadt kennen kaum einen Grünstreifen. Deren Geschäft landet auf der Straße. Was diese Hunde vermissen, ist eine grüne Wiese. Überhaupt, eine frisch gemähte Wiese riecht unglaublich gut. Auch wenn ihr die Augen tränen, Isolde riecht es immer noch gern.

Wäre da nicht dieser endlose Wunsch, wieder aufs Land zu ziehen. Oder mit einem Trick die gemütliche Stimmung in die Stadt zu holen. Nur wie schafft sie das?

Plötzlich durchzuckt sie eine Erinnerung. Das kleine Dorf ihrer Kindheit war nicht nur friedlich. Es hatte auch seine Geheimnisse. Da war dieser alte Fall, der nie gelöst wurde. Der verschwundene Förster. Manche sagten, er sei einfach gegangen. Andere behaupteten, er habe zu viel gewusst. Isolde schüttelt den Kopf. Unsinn. Und doch, als sie den Nachrichtenbericht über eine vermisste Frau in ihrer Stadt liest, kommt ihr eine Ahnung. Der Name. Der Wohnort. Sie kannte sie.

War es Zufall? Oder führte eine Spur in ihr altes Heimatdorf? Mit klopfendem Herzen nimmt sie das Telefon in die Hand. Es wird Zeit, in die Vergangenheit einzutauchen. Vielleicht ist das Dorfkind in ihr doch nicht ganz so unschuldig, wie sie dachte …

Schöne Grüße
Mike Melonte


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